Die Ernte 2006 wird dem Weltmarkt erneut ein Produktionsdefizit
bescheren - das läßt Preissteigerungen erwarten. Doch jetzt hat die
Ernte in den US-Frühdruschgebieten begonnen und der US-Export lahm - Kursverluste
sind die Folge. Für die EU bleiben die Preisaussichten dennoch sonnig.
Marktlage
Die
Erzeuger haben ihre Läger weitgehend geräumt und auch auf der ersten
Erfasserstufe des Handels ist alterntige Ware nahezu ausverkauft.
Das
immer knapper werdende freie Angebot und eine zugleich kontinuierlicher Nachfrage
lassen die Preisangebote der Verarbeiter für backfähigen Weizen erneut
leicht anziehen. Inzwischen haben die Weizenpreise den höchsten Stand seit
dem Preisabsturz nach der Rekordernte 2004 erreicht.
Deutschland: Die gute und flotte
Nachfrage der Mühlen und Futtermittelhersteller hat in den letzten Monaten
zu einer kontinuierlichen Verarbeitung geführt. Die Endbestände aus
der Ernte 2005 dürften deutlich niedriger liegen als zunächst erwartet.
Hinzu kommt, daß die Anbieter - in der Hoffnung auf weiter steigende
Kurse - die noch verfügbare frei Ware zurückhalten, so daß
es derzeit zu einer zusätzlichen Angebotsverknappung kommt.
Weltmarkt:
Unterstützt wird der Preisanstieg in Deutschland und in der EU durch die
Weltmarktlage. Da zur kommenden Ernte in den USA eine geringere Produktion erwartet
wurde, standen die Zeichen an den US-Börsenstandorten seit Wochen auf Hausse.
Inzwischen geben die US-Kurse wieder spürbar nach, zumal die Ernte in den
Frühdruschgebieten unter ingesamt guten Erntebedingungen begonnen hat.
Während
die Kurse an der Warenterminbörse KCBT
kräftig zulegten, wurde auch höherwertiger Schwarzmeer-Weizen erheblich
teurer. Eine - aus europäischer Sicht - äußerst erfreulich
Entwicklung. Ukrainische Weizenexporteure schlossen zuletzt Verträge für
höherwertige Backqualitäten zu umgerechnet 100 Euro/t FOB Schwarzmeerhafen
zur prompten Lieferung ab. Spätere Liefertermine erzielten zusätzliche
Preisaufschläge.
EU und Deutschland: Die steigenden
internationalen Preise kurbelten auch das EU-Exportgeschäft nochmals an,
so daß Brotweizen zum Beispiel an der Produktenbörse Mannheim
höher bewertet wurde. Dagegen geben die Kurse an der Warenterminbörse WTB
in Hannover und an der Warenterminbörse Matif
in Paris für die Liefertermine der neuen Ernte deutlich nach. Hier wirkt
bereits die erwartete hohe EU-Ernte auf die Notierung ein.
An
den Kassamärkten folgten die Erzeugerpreise bis zuletzt den starken Hausse-Impulsen,
wie zum Beispiel die Erlöse der Mitglieder des Realpreissystems CASH!
zeigen. Seit der Ernte zogen die CASH!-Preise für A-Weizen um mehr als 26 %
an, bei B-Weizen betrug der Preisanstieg sogar über 31 % (!).
Fakten
Deutschland: Mai-Preise bringen Preisaufschlag
Wie in der Saison 1995/96 hat sich für die Produzenten, die erst im Mai ihre
Ware an den Markt gebracht haben, das Warten ausgezahlt. Nachdem sich die Einlagerung
der Rekordernte 2004 in keiner Weise rentiert hatte, zogen die Kurse für
die Ernte 2005 bereits im Oktober 2005 spürbar an. Einen richtigen Hausse-Aufschwung
erzielte alterntiger Weizen ab April 2006: Ein Plus von fast 17 Euro/Tonne
brachte die Einlagerung in die Retabilitätszone.
Hausse-Tendenz bis wenige Wochen vor der Ernte
Welt: Kleinere Getreideernte 2006/07 erwartet
Die Welt-Weizenernte 2006/07 wird nach Ansicht das Internationalen Getreiderates
(IGC) erneut niediger ausfallen. In seiner Mai-Prognose erwartet der IGC mit
einer Welt-Produktion von mit 601 Mio.t zwar eine größere Ernte
als noch im April, doch nach wie vor ein Minus von 2,6 % im Vergleich zum
Vorjahr. Während Regenfälle im mittleren Westen der USA für günstige
Wachstumsbedingungen gesorgt haben, ist es in den Anbaugebieten der Great Plains
im Süden der USA noch immer so heiß und trocken, daß mit einer
um 11 % geringeren Ernte in den USA gerechnet wird. Auch in Indien, Rußland
und der Ukraine wird mit einer deutlich niedigeren Ernte gerechnet.
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Die Grafik zeigt, daß die globale
Getreideernte 2006/07 die viertgrößte aller Zeiten ist. Dennoch übersteigt
der Verbrauch die Produktion deutlich und die Endbestände schrumpfen. Ausschlaggebend
für das Defizit ist vor allem die steigende Produktion von Bioäthanol in vielen
Ländern, darunter auch zunehmend in den USA.
Hausse-Tendenz
Osteuropa: Krasse Auswinterungsschäden
- keine Konkurrenz für die EU
Ukraine:
Das ukrainische Landwirtschaftsministerium erwartet nach jüngsten Schätzungen
aufgrund der erheblichen Auswinterungsschäden des letzten Winters eine Getreideernte
von nur noch 37 bis 38 Mio.t. Damit stehen für den Getreideexport
2006/07 erheblich geringere Mengen zur Verfügung. Während das ukrainische
Landwirtschaftsministerium noch Weizen-Exporte von 5 bis 6 Mio.t erwartet,
gehen andere Analysten noch von deutlich niedrigeren Zahlen aus. Das US-Landwirtschaftsministerium
prognostiziert lediglich Exporte in Höhe von 1 Mio.t.
Rußland:
Auch für Rußland sehen die Prognosen deutlich schmaler aus
als in den Vorjahren. Starke Auswinterungsschäden und ungünstige Wachstumsbedingungen
könnten nach Einschätzungs des US-Landwirtschaftsministertiums die Exporte
von 10 Mio.t in der Saison 2005/06 auf nur noch 6,5 Mio.t im kommenden
Vermarktungsjahr drücken.
Die EU dürfte von dem zu erwartenden
schwachen Konkurrenzdruck aus Osteuropa profitieren. Eine stärkere Exportnachfrage
aus Drittländern und insgesamt höhere Preise sind zu erwarten.
Hausse-Tendenz
Deutschland: Kleinere Winterweizen-Anbaufläche
In Deutschland wird zur Ernte 2006 weniger Winterweizen, jedoch
mehr Sommerweizen angebaut als im Vorjahr. Dennoch liegt die gesamte Weizenanbaufläche
(inkl. Durum) lediglich 0,6 % über der Produktionsfläche des Vorjahres.
| Anbaufläche
in 1.000 ha | Veränderung in
% |
Mai
2005 | April
2006 |
Winterweizen | 3.108,3 | 3.086,6 | -0,7 |
Sommerweizen
(inkl. Durum) | 63,6 | 66,6 | +4,7 |
Weizen
insg. | 3.171,9 | 3.153,2 | +0,6 |
Damit
dürften die Produktionsaussichten zur Ernte 2006 etwa auf Vorjahresniveau
liegen.
Hausse-Tendenz
Prognose
Am
Weltmarkt geben die USA, die Nummer 1 unter den Weizenexporteuren am Weltmarkt,
derzeit den Preistrend vor. Nachdem die extreme Trockenheit im Süden der
USA über Wochen die Kurse in die Höhe trieb, sind es jetzt der Erntebeginn
in den US-Frühdruschgebieten, schlechte Exportzahlen und Gewinnmitnahmen
an den Warenterminbörsen, die die Kurse fallen lassen.
Die
rückläufigen US-Warenterminmärkte lassen auch die Notierungen an
den EU-Börsenplätzen sinken.
Doch letztendlich
ist es der Kassamarkt, der den Preis bestimmt. Aktuelle den Markt- und Preisverlauf
bestimmende Faktoren im EU-Raum sind:
stärkerer Abbau der Endbestände
in der EU als erwartet
flottes Exportgeschäft der EU in Drittländer
trotz des hohen Euro-Kurses
kontinuierlicher Bedarf der Mischfutterindustrie
wachsender Bedarf für die Ethanol-Produktion
Wachstumsverzögerungen
der Bestände in Deutschland und in der EU
Nach
meiner persönlichen Einschätzung hat der Markt inzwischen die Phase
erreicht, in der die kommende Ernte zunehmend die Preisentwicklung bestimmt. Bis
zum Anschluß an die neue Ernte dürften die Preise hierzulande wie auch
in der gesamten EU insgesamt stabil bleiben, da
Mühlen/Mischfutterwerke
nach wie vor Anschlußbedarf für einwandfreie Ware haben,
mit einer leichten Ernteverzögerung gerechnet werden muß und
die Exporte an den Weltmarkt frei verfügbare Ware aus dem Binnenmarkt ziehen.
Weitere deutliche Preissteigerung erwarte ich aufgrund
der Freigaben aus EU-Interventionsbeständen jedoch nicht.
Preisaussichten
für die Ernte 2006
Mit welchen Preisen wird Weizen ex-Ernte
2006 in die neue Verkaufssaison starten? Diese Frage wird derzeit zunehmend diskutiert.
Noch halten sich Handel und Verarbeiter mit Preisaussagen sehr zurück, da
die Preisentwicklung am Weltmarkt und damit die Exportaussichten,
der
Bedarf der Bioethanol-Branche,
Bestandsentwicklung, Erntebeginn und
Produktionserwartung
die EU-Binnenmarkt-Preise prägen werden.
Noch
meiner Einschätzung ist infolge der erwarteten Interventionsfreigaben und
der Anbaudaten zunächst mit einem moderaten Rückgang bei den Kursen
zu rechnen. Da jedoch nach wie vor Anschlußbedarf bis zum Beginn der neuen
Ernte besteht, dürften sich die Kurse wieder stabilisieren.
Mit
Beginn der Ernte ist bei der Verkaufsplanung aufgrund des sprunghaft steigenden
Angebotes der dann typische Preisdruck einzukalkulieren. Dennoch erwarte ich einen
sehr viel geringeren Preiseinbruch zur Ernte 2006 als in den Vorjahren. Das engere
Angebot-Nachfrage-Verhältnis läßt nach meiner Einschätzung
ex-Ernte-Preise erwarten, die 8-13 Euro/Tonne über dem Vorjahresniveau
liegen könnten.