Weizen: Angebots-Knappheit
S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 27.09.2006


Erst Dauer-Hitzestreß - dann Dauer-Regen - jetzt Geschäftsflaute. Die Angebotsknapphat läßt die Kurse kräftig steigen. Doch wie lange noch?

Marktlage
Die Preise am Weizenmarkt starteten ihren Gipfelsturm während des August-Dauerregens mit täglich steigenden Ernte- und Qualitätsverlusten. Mit steigenden Preisen wuchs auch die Verkaufszurückhaltung der Landwirte. Derzeit herrscht bei den Geschäfte totale Flaute. Der Handel und die Verarbeitungsbetriebe sind seit Wochen bemüht, über höhere Preisgebote Ware zu moblisieren - bisher ohne durchschlagenden Erfolg.

Der Weizenmarkt hat sich damit in diesem Jahr zu einem Verkäufermarkt entwickelt. Inzwischen flacht die Preiskurve jedoch ab, da die Käufer nicht mehr erwarten, durch höhere Kurse mehr Ware in den Markt ziehen zu können. Die Preisaufschläge für Aufmisch- und Backqualitäten fallen folglich geringer aus. Die Brotweizen-Preise liegen derzeit fast 31 % (!) über den Kursen zum selben Zeitpunkt des Vorjahres.

Nach wie vor lassen sich auch fallzahlschwache und auswuchsgeschädigte Partien als Futter-, Bioäthalol- oder Biogasanlagen-Getreide problemlos vermarkten.

Der Kassamarkt setzt sich zwischenzeitlich von der Kursentwicklung an den Warenterminmärkten ab. Da die Verkäufer die Ware in der Hoffnung auf weitere Preisanhebungen zurückhalten, führt die Angebotsverknappung zu Preissteigerungen. Die Warenterminmärkte richten dagegen ihre Kursentwicklung stärkter an den fundamentalen Daten (Angebot und Nachfrage) aus. Da die Vermarktung der EU-Ernte 2006 über den Inlandsbedarf hinausgeht, ist der Markt auch auf Absatzchancen in Drittländern angewiesen.

Nachdem die Kurse an der Warenterminbörse KCBT seit Anfang September wieder leicht anzogen, konnten die Kurse An der Warenterminbörse RMX in Hannover und an der Warenterminbörse Matif in Paris den in der Vorwoche erlittenen Kursverlust weitgehend wieder wett machen.

Die Großhandelspreise in Deutschland konnten aufgrund des knappen Angebotes und der steigenden internationalen Preise ihr hohes Niveau behaupten. So wurde Brotweizen an der Produktenbörse Mannheim mit 135-138 Euro/t rund 30 Euro höher bewertet als im Vorjahr. Qualitätsweizen notierte mit 138-141 Euro/t franko Mühle an. Auch an den anderen Produktenbörsen behaupteten die Kurse ihr Niveau..

An den Kassamärkten folgten die Erzeugerpreise seit dem Erntestart den starken Hausse-Impulsen, wie zum Beispiel die Erlöse der Mitglieder des Realpreissystems CASH! zeigen.

 

Fakten

  • Welt: Produktionsdefizit
    Der Internationale Getreiderat (IGC) hat am 24.08.2006 seine Prognose des internationalen Weizen-Verbrauchs 2006/07 um 9 Mio.t auf 593 Mio.t zurückgenommen. Bei einem Verbrauch von 611 Mio.t würde die Welt-Weizenproduktion den Bedarf ein weiteres Jahr verfehlen. Das rechnerische Produktionsdefizit liegt jetzt bei rund 18 Mio.t.

    in Mio. t
    Produktion
    Verbrauch
    Endbestände
    Welt
    Welt
    Welt
    Haupt- exporteure
    1999/00
    585
    582
    202
    52
    2000/01
    582
    584
    201
    53
    2001/02
    581
    586
    198
    50
    2002/03
    566
    601
    165
    43
    2003/04
    556
    595
    125
    41
    2004/05
    629
    616
    138
    56
    2005/06
    618
    621
    135
    55
    2006/07 Prognose vom:

    24.05.2006

    601
    612
    118
    44

    28.06.2006

    605
    613
    121
    45

    26.07.2006

    596
    611
    118
    43
    24.08.2006
    593
    611
    117
    38
    Hauptexporteure: Argentinien, Australien, EU, Kanada, USA
    Quelle: IGC

    Die erwarteten Endbestände reichen für einen Zeitraum von 2,4 Monaten aus. Für die kommenden Jahre wird damit gerechnet, daß die Nachfrage aufgrund der rasant wachsenden Weltbevölkerung schneller steigen wird als die Produktion.

    Hausse-Tendenz

 

  • Deutschland: Niedrigere Weizenernte
    Das Erntejahr 2005/2006 verlief außerordentlich ungewöhnlich und wird vor allem durch den extrem langen Winter sowie die Trockenheit und Hitze im Sommer 2006 in Erinnerung bleiben.

    Nach Auswertung der Besonderen Ernte- und Qualitätsermittlung vom 05.09.2006 wird die deutsche Winterweizenernte auf 22,18 Mio.t geschätzt (Vj.: 23,4). Damit ist die Weizenernte seit dem Rekorderntejahr 2004 permanet rückläufig.

    Hausse-Tendenz

 

Prognose
Der derzeitige Preisanstieg spiegelt die augenblickliche knappe Versorgungslage des Marktes wider. Das Verhalten der Produzenten wie auch der Käufer ist derzeit mit viel Spekulation behaftet.

Viele Verkäufer glauben, für den finanzellen Erfolg genüge es, einfach abzuwarten, während die Preise immer weiter in die Höhe klettern. Die Realität sieht anders aus.

Wer dauerhaft erfolgreich am Markt sein möchte, muß neben den fundamentalen Daten auch das menschliche Spekulations- und Marktverhalten berücksichtigen. Die steigenden Kurse basieren derzeit vorrangig auf der Tatsache, daß kaum Ware am Markt angeboten wird. Da dem knappen Angebot jedoch volle Läger gegenüberstehen, sollte nach meiner Einschätzung nicht übersehen werden, daß dieses Angebot im Laufe der Saison noch an den Markt drängen wird.

Das große Verkaufen startet in der Regel dann, wenn die Preise einen leichten Rückschlag in Kauf nehmen müssen. Zunächst warten die Verkäufer ab, ob sich die Kurse noch einmal erholen. Ist dies nicht der Fall, startet der Verkauf - das Angebot steigt und die Preise geraten unter Druck.

Nach meiner Einschätzung besteht bereits in der zweiten Oktoberhälfte erstmalig die Gefahr eines höheren Agebotes: Rechnungen für Betriebsmittel erfordern Liquidität, Pachten müssen bezahlt werden ... . Pauschalierende Landwirte planen, erst im kommenden Jahr zu verkaufen, um den Mehrwertsteuervorteil zu nutzen. Eine zweite Angebotswelle ist daher ab Januar nächsten Jahres zu erwarten.

Ab Mitte Februar könnten die Kurse aus meiner Sicht erneut anziehen. Sollte die derzeitige Trockenheit in Australien und Südamerika zu weiteren Ernteeinbußen führen, sind weitere Hausse-Impulse denkbar.

Die Vermarktungssaison 2006/07 verspricht spannend zu werden!

 
 
 
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