Weizen: Im Defizit

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 11 .06.2007


Wie hoch die Weizenernte 2007 wirklich ausfallen wird, darüber wird derzeit gerätselt. Daß die Produktion jedoch nicht ausreicht, um die Nachfrage zu decken, ist bereits jetzt absehbar. Die Folge: Spekulationen prägen derzeit das Geschäft mit Futter- und Backweizen.

Marktlage
Das Geschäft mit der Ernte 2006 ist weitgehend abgeschlossen. Das Geschäft verläuft zäh, da a) viele Verarbeiter noch über ausreichend Vorräte verfügen und b) andere Marktbeteiligte zunächst die nächsten Ernteprognosen abwarten wollen. Die Spekulationen darüber, mit welchen Erntemengen in der EU und weltweit zur kommenden Ernte gerechnet werden kann, bringen zunehmend Unsicherheit in den Markt. Käufer und Verkäufer halten sich daher bei Geschäftsabschlüssen zurück. .

Trockenheit macht der Landwirten in etlichen Ländern der EU und weltweit zu schaffen. Seit Monaten werden die Ernteschätzungen immer wieder nach unten korrigiert (siehe Grafik). Zuletzt reduzierten der Internationale Getreiderat und das US-Landwirtschaftsministerium die globale Ernteerwartung bei Weizen um 2 Mio.t beziehungsweie knapp 7 Mio.t.

Mit jeder neuen Ernteprognose und jeder Rücknahme der Ernteerwartung schnellen die Kurse an den internationalen Mörkten weiter nach oben.

Die Marktversorgung gerät immer stärker ins Defizit. Die Hausse-Faktoren lassen sich benennen:
• niedrigere Ernten als zunächst erwartet,
• steigender Konsum,
• schrumpfende Lagerbestände und
• Trockenheit in vielen Anbauregionen weltweit und Gefahr weiterer Ernteeinbußen.

Folglich ziehen nicht nur die internationalen Weizenkurse weiter an, auch in der exportorientierten EU steigen die Preise.

 

Fakten

  • Deutschland: Ernteschätzungen noch unsicher
    Auch die neuesten Ernteschätzungen gehen von einer geringeren Getreideernte 2007 aus. Die erste Errnteschätzung des Verwaltungsausschusses Getreide der EU-Kommission geht für Deutschland von einer Getreideernte in Höhe von 43,7 Mio.t aus und damit von einem Ergebnis etwa auf Vorjahresniveau (2006: 43,5). Der Deutsche Raiffeisenverband erwartet sogar mit 41 Mio.t Getreide eine um 6 % kleinere Ernte als 2006.

    Hausse-Tendenz

 

  • EU-27: Höhere Getreideernte
    EU-weit fällt die Prognose höher als im Vorjahr aus. Für die EU-27 erwartet die EU-Kommission mit 275 Mio.t Getreide eine um 3,4 % höhere Ernte (2006: 266 Mio.t). Für die EU rechnet man mit einer Weizenernte von 127 Mio.t (Vj.: 125) und damit einer Produktionssteigerung um 1,6 %.

    Baisse-Tendenz

 

  • Welt: Schrumpfende Endbestände
    Die weltweite Weizenerzeugung wird für die kommende Saison 2007/08 inzwischen niedriger eingeschätzt als zunächst erwartet. Da der Verbrauch die Produktion übersteigt, schrumpfen die Lagervorräte weiter - auch bei den Hauptexporteuren. Das jedenfalls ist die Einschätzung des Internationalen Getreiderates vom 24.05.2007 und des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums vom 11.05.2007.

    Da die Saison 2006/07 mit äußerst niedrigen Lagervorräten zu Ende gehen wird, bleibt die Marktversorgung äußerst knapp. Während der Internationale Getreiderat von einem weltweit steigenden Verbrauch ausgeht, prognostiziert das US-Ministerium unerklärlicherweise einen rückläufigen Verbrauch. Zweigfel sind hier angebracht.

    in Mio. t
    Produktion
    Verbrauch
    Endbestände
    Welt
    Welt
    Welt
    Haupt- exporteure
    2002/03
    566
    601
    165
    44
    2003/04
    556
    595
    128
    41
    2004/05
    628
    617
    140
    55
    2005/06
    620
    624
    136
    56
    2006/07
    593
    610
    118
    36
    2007/08 Prognose vom:
    22.02.2007
    624
     
     
     
    29.03.2007
    624
    622
    118
    38
    24.05.2007
    621
    624
    115
    34
    Hauptexporteure: Argentinien, Australien, EU, Kanada, USA
    Quelle: IGC

    Das US-Landwirtschaftsministerium prognostiziert für 2007/08 eine Weizen-Produktion von 610 Mio.t, der ein Verbrauch von 620 Mio.t gegenübersteht.

    Hausse-Tendenz

 

  • Ukraine: Dürre - Erneut Exportbeschränkungen geplant
    Die Trockenheit in vielen wichtigen Erzeugerländern hält weiter an. Vor allem die laufend nach unten revidierte Höhe der Getreideernte in Osteuropa verunsichert den Markt. Mehrere osteuropäische Länder sind von Trockenheit betroffen. In der Ukraine fehlt weiterhin der Regen - inzwischen wird mit erheblichen Ernteeinbußen gerechnet. Nach Mitteilung der ukrainischen Regierung sind bereits 650.000 ha Getreide der Dürre zum Opfer gefallen. 10 Mio.ha sollen zudem geschädigt sein.

    Die Erntererwartungen 2007 lagen für die Ukraine ursprünglich bei 35 Mio.t. Jetzt gehen Analysten nur noch von 33,3 Mio.t aus, nachdem die ukrainische Getreideernte bereits im vergangenen Jahr mit nur 34,3 Mio.t um rund 10 % geringer ausfiel als 2005. Die Weizenernte brach sogar um 25 % auf nur 13,9 Mio.t ein und dürfte auch in diesem Jahr kaum größer ausfallen.

    Im Herbst 2006 hatte die Ukraine Exportkontingente für einzelne Getreidearten ausgesprochen, nachdem die Brot- und Futtergetreidepreise im Land regelrecht in die Höhe schnellten. Das Exportkontigent für Weizen besteht nach wie vor. Der Weltmarkt regierte auf diese administrative Maßnahme verärgert und mit Kurssteigerungen.

    Auch für die Saison 2007/08 kündigen sich Exportbeschränkungen an. Am 08.06.2007 hat das ukrainische Wirtschaftsministerium eine Resolution in das Kabinett eingebracht, ab dem 01. Juli die Exporte von Weizen, Gerste, Mais und Roggen erneut zu begrenzen. Sollte die Resolution angenommen werden, wird mit der offiziellen Bekanntgabe der Entscheidung am 01.07.2007 gerechnet.

    Hausse-Tendenz

 

Prognose
Das weltweite Produktionsdefizit wird immer größer. Ich bleibe daher bei meiner Prognose vom 21.05.2007: "... Die Verarbeiter haben weiterhin Anschlußbedarf und kaufen kontinuierlich Weizen aus der alten Ernte zu. Da das Angebot an freier Ware begrenzt bleibt, dürften die Weizenpreise nach meiner persönlichen Einschätzung in den kommenden Wochen stabil bleiben beziehungsweise weiterhin leicht steigen. Auch die noch nicht endgültig absehbaren Ernteeinbußen zurn Ernte 2007 festigen das Preisniveau. ..."

Der Weizenmarkt dürfte nach meiner Erwrtung immer stärker zu einem Wettermarkt tendieren. Meldungen über Trockenheit und Ernteeinbußen in wichtigen Erzeuger- und Exportländern dürften zu deutlichen Kursschwankungen führen. Ernteprognosen werden die Stimmung am Markt prägen und den Kursverlauf steuern.

Die Marktentwicklung sollte jetzt aufmerksam verfolgt werden, um einen Verkauf während der Erntezeit zu vermeiden. Die Devise muß lauten: Entweder in der nächsten Zeit noch ein Termingeschäft ex-Ernte abschließen oder einen Verkaufstermin nach Beendigung der Erntezeit einplanen.

 
 
 
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