Lange Gesichter gibt es derzeit am Weizenmarkt bei
den Verkäufern. Nach zwei Jahre Dauer-Hausse
wirken die sinkenden Preise wie eine kalte Dusche.
Trotz immer noch knapper Vorräte läßt
die Aussicht auf eine kommende Rekordernte die Kurse
sinken.
Marktlage
Seit Mitte März kamen die Kurse am Weizenmarkt
ins Rutschen. Bis dahin hatten Mißernten und
schrumpfende Lagerbestände für eine Rekord-Hausse
gesorgt. Jetzt sind es die Prognosen zur Ernte 2008/09,
die von Rekordernten in den großen Anbauländern
ausgehen und damit den Markt kräftig unter Druck
bringen.
Wie in dem Beitrag "Weizen: Vorerst knapp - und dann ...?"
vom 20.02.2008 bereits erwartet, hat sich der überhitzte
Markt in der Erwartung einer höheren Marktversorgung
deutlich abgekühlt.
Die Warenterminbörse MATIF
in Paris/Frankreich gab der (inzwischen ausgelaufene)
Mai-Termin seit Anfang März um über 73 Euro/t
auf zuletzt 210 Euro/t nach. Der August-Termin
gab um knapp 50 Euro/t auf inzwischen 190 Euro/t
nach.
Abwärts ging es auch bei den
Kursen an der Warenterminbörse RMX
in Hannover. Mit nur noch 195 Euro/t notierte
der August-Termin 87 Euro/t niedriger als Anfang
März.
Auch an der Warenterminbörse CBOT
in Chicago/USA gaben die Kurse in den letzten Wochen
deutlich nach. Der September-Termin des dort gehandelten
Futterweizens gab seit Anfang März um fast 75 Euro/t
nach. Gestern konnten sich die Kurse jedoch leicht
erholen.
Brotweizen an der Warenterminbörse KCBT
in Kansas/USA wurde am 19.05.2008 für den September-Termin
mit umgerechnet 200 Euro/t rund 1 Euro höher
als im Durchschnitt der Vorwoche gehandelt. Damit
lag der Kurs jedoch immer noch über 90 Euro/t
unter dem Höchststand vom März.
Futterweizen an der Warenterminbörse LIFFE
in London setzte seinen Abwärtstrend ebenfalls
fort.
Fakten
-
2007/08:
Lagervorräte auf Rekordtief
Mißernten und steigende Nachfrage haben
die weltweiten Lagerbestände 2007/08 auf
den niedrigsten Stand seit zehn Jahren schrumpfen
lassen. Der Internationale Getreiderat
geht in seiner April-Prognose davon aus,
daß die weltweiten Lagervorräte um
knapp 6 % auf 114 Mio.t zurückgehen.
Die Überhangbestände der Hauptexporteure
Argentinien, Australien, EU, Kanada und USA sollen
um 31 % auf nur noch 27 Mio.t (Vorjahr: 39
Mio.t) weiter sinken.
Für 2008/09 erwartet der Internationale
Getreiderat mit 645 Mio.t Weizen eine
neue Rekordernte, d.h. eine Ernte, die fast 7 %
über dem Vorjahresergebnis liegen könnte.
Trotz eines kräftigen Zuwachses beim Verbrauch würde
eine solche Rekordernte ausreichen, um die Lagervorräte
wieder ansteigen zu lassen.
Baisse-Tendenz
-
2008/09
Rekordernte erwartet - steigende Weltmarktangebot
Die Dauer-Hausse mit Rekordpreisen hat die Weizenproduzenten
weltweit veranlaßt, die Anbaufläche
kräftig auszuweiten. Ob Kanada (+16 %),
Rußland (+ 6%), Ukraine (+14 %),
USA (+10 %) oder in der EU-27 (+8 %)
- in vielen wichtigen Anbau- und Exportländern
wurde die Produktion ausgedehnt.
Die Ukraine hat sich in den letzten
Jahren zu einem bedeutsamen Anbieter am Weltmarkt
entwickelt. In der kommenden Saison 2008/09 könnten
die Weizen-Exporte 2008/09 deutlich steigen. Das
Landwirtschaftsministerium in Kiew erwartet eine
Getreideernte von rund 40 Mio.t, darunter
rund 19,2 Mio.t Weizen (Vorjahr: 13,9).
Der Wettbewerb aus Osteuropa dürfte am Exportmarkt
daher deutlich zunehmen.
Baisse-Tendenz
-
EU-27:
Rekordernte in Sicht
Der drittgrößte Weizen-Exporteur EU-27
hatte im letzten Jahr seine Flächenstillegung
aufgrund der schrumpfenden Lagerbestände
vorerst ausgesetzt und so für eine größere
Anbaufläche gesorgt. Die Zuwächse bewegen
sich zwischen 4 % in Frankreich und 20 %
in Italien.
Die Bestände sind ohne nennenswerte Schäden
aus dem Winter gekommen. Nach den derzeit vorliegenden
Prognosen könnte die Ernte zwischen 15 bis
17 % größer ausfallen - sofern
die Witterung mitspielt. Die Prognosen gehen bei
normaler Bestandsentwicklung von einer möglichen
Produktion zwischen 128,3 Mio.t und 144 Mio.t
aus (Vorjahr: 120,1).
Baisse-Tendenz
Prognose
Weitgehend ohne Schäden sind die Winterweizenflächen
auf der Nordhalbkugel aus der Wintersaison in die
Vegetation gestartet. Günstige Witterung in den
großen Anbauregionen läßt Rekordernten
erwarten. Lediglich Wetter-Katastrophen können
aus heutiger Sicht zu marktwirksamen Ernteausfällen
führen.
Nach meiner persönlichen Einschätzung
wird in den kommenden Monaten auch die weiter steigende
weltweite Nachfrage nicht für neue Preis-Phantasien
ausreichen. Die Rendite-Aussichten für die Investoren
an den Rohstoffmärkten entwickeln sich schwächer,
so daß der Agrarrohstoff-Sektor an Attraktivität
verliert. Dennoch gehe ich davon aus, daß die
Preise für alle Grundnahrungsmitteln - darunter
auch Weizen - in den kommenden Jahren hoch bleiben,
so daß der derzeitige Kursrückgang eher
als längst überfällige Preiskorrektur
zu werten ist.
Die Versorgungslage bleibt aus meiner
Sicht auch bei einer Rekordernte knapp, ist dann jedoch
nicht nicht mehr defizitär. Dem Faktor Witterung
kommt daher in der nächsten Zeit eine herausragende
Bedeutung zu. Mit kräftigen Preisausschlägen
muß - je nch Wetterentwicklung - gerechnet
werden.