Weizen auf Korrekturkurs

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 20.05.2008


Lange Gesichter gibt es derzeit am Weizenmarkt bei den Verkäufern. Nach zwei Jahre Dauer-Hausse wirken die sinkenden Preise wie eine kalte Dusche. Trotz immer noch knapper Vorräte läßt die Aussicht auf eine kommende Rekordernte die Kurse sinken.

Marktlage
Seit Mitte März kamen die Kurse am Weizenmarkt ins Rutschen. Bis dahin hatten Mißernten und schrumpfende Lagerbestände für eine Rekord-Hausse gesorgt. Jetzt sind es die Prognosen zur Ernte 2008/09, die von Rekordernten in den großen Anbauländern ausgehen und damit den Markt kräftig unter Druck bringen.

Wie in dem Beitrag "Weizen: Vorerst knapp - und dann ...?" vom 20.02.2008 bereits erwartet, hat sich der überhitzte Markt in der Erwartung einer höheren Marktversorgung deutlich abgekühlt.

Die Warenterminbörse MATIF in Paris/Frankreich gab der (inzwischen ausgelaufene) Mai-Termin seit Anfang März um über 73 Euro/t auf zuletzt 210 Euro/t nach. Der August-Termin gab um knapp 50 Euro/t auf inzwischen 190 Euro/t nach.

Abwärts ging es auch bei den Kursen an der Warenterminbörse RMX in Hannover. Mit nur noch 195 Euro/t notierte der August-Termin 87 Euro/t niedriger als Anfang März.

Auch an der Warenterminbörse CBOT in Chicago/USA gaben die Kurse in den letzten Wochen deutlich nach. Der September-Termin des dort gehandelten Futterweizens gab seit Anfang März um fast 75 Euro/t nach. Gestern konnten sich die Kurse jedoch leicht erholen.

Brotweizen an der Warenterminbörse KCBT in Kansas/USA wurde am 19.05.2008 für den September-Termin mit umgerechnet 200 Euro/t rund 1 Euro höher als im Durchschnitt der Vorwoche gehandelt. Damit lag der Kurs jedoch immer noch über 90 Euro/t unter dem Höchststand vom März.

Futterweizen an der Warenterminbörse LIFFE in London setzte seinen Abwärtstrend ebenfalls fort.

 

 

Fakten

  • 2007/08: Lagervorräte auf Rekordtief
    Mißernten und steigende Nachfrage haben die weltweiten Lagerbestände 2007/08 auf den niedrigsten Stand seit zehn Jahren schrumpfen lassen. Der Internationale Getreiderat geht in seiner April-Prognose davon aus, daß die weltweiten Lagervorräte um knapp 6 % auf 114 Mio.t zurückgehen.

    Die Überhangbestände der Hauptexporteure Argentinien, Australien, EU, Kanada und USA sollen um 31 % auf nur noch 27 Mio.t (Vorjahr: 39 Mio.t) weiter sinken.

    Für 2008/09 erwartet der Internationale Getreiderat mit 645 Mio.t Weizen eine neue Rekordernte, d.h. eine Ernte, die fast 7 % über dem Vorjahresergebnis liegen könnte. Trotz eines kräftigen Zuwachses beim Verbrauch würde eine solche Rekordernte ausreichen, um die Lagervorräte wieder ansteigen zu lassen.


    Baisse-Tendenz

 

  • 2008/09 Rekordernte erwartet - steigende Weltmarktangebot
    Die Dauer-Hausse mit Rekordpreisen hat die Weizenproduzenten weltweit veranlaßt, die Anbaufläche kräftig auszuweiten. Ob Kanada (+16 %), Rußland (+ 6%), Ukraine (+14 %), USA (+10 %) oder in der EU-27 (+8 %) - in vielen wichtigen Anbau- und Exportländern wurde die Produktion ausgedehnt.

    Die Ukraine hat sich in den letzten Jahren zu einem bedeutsamen Anbieter am Weltmarkt entwickelt. In der kommenden Saison 2008/09 könnten die Weizen-Exporte 2008/09 deutlich steigen. Das Landwirtschaftsministerium in Kiew erwartet eine Getreideernte von rund 40 Mio.t, darunter rund 19,2 Mio.t Weizen (Vorjahr: 13,9). Der Wettbewerb aus Osteuropa dürfte am Exportmarkt daher deutlich zunehmen.

    Baisse-Tendenz

 

  • EU-27: Rekordernte in Sicht
    Der drittgrößte Weizen-Exporteur EU-27 hatte im letzten Jahr seine Flächenstillegung aufgrund der schrumpfenden Lagerbestände vorerst ausgesetzt und so für eine größere Anbaufläche gesorgt. Die Zuwächse bewegen sich zwischen 4 % in Frankreich und 20 % in Italien.

    Die Bestände sind ohne nennenswerte Schäden aus dem Winter gekommen. Nach den derzeit vorliegenden Prognosen könnte die Ernte zwischen 15 bis 17 % größer ausfallen - sofern die Witterung mitspielt. Die Prognosen gehen bei normaler Bestandsentwicklung von einer möglichen Produktion zwischen 128,3 Mio.t und 144 Mio.t aus (Vorjahr: 120,1).

    Baisse-Tendenz

 

Prognose
Weitgehend ohne Schäden sind die Winterweizenflächen auf der Nordhalbkugel aus der Wintersaison in die Vegetation gestartet. Günstige Witterung in den großen Anbauregionen läßt Rekordernten erwarten. Lediglich Wetter-Katastrophen können aus heutiger Sicht zu marktwirksamen Ernteausfällen führen.

Nach meiner persönlichen Einschätzung wird in den kommenden Monaten auch die weiter steigende weltweite Nachfrage nicht für neue Preis-Phantasien ausreichen. Die Rendite-Aussichten für die Investoren an den Rohstoffmärkten entwickeln sich schwächer, so daß der Agrarrohstoff-Sektor an Attraktivität verliert. Dennoch gehe ich davon aus, daß die Preise für alle Grundnahrungsmitteln - darunter auch Weizen - in den kommenden Jahren hoch bleiben, so daß der derzeitige Kursrückgang eher als längst überfällige Preiskorrektur zu werten ist.

Die Versorgungslage bleibt aus meiner Sicht auch bei einer Rekordernte knapp, ist dann jedoch nicht nicht mehr defizitär. Dem Faktor Witterung kommt daher in der nächsten Zeit eine herausragende Bedeutung zu. Mit kräftigen Preisausschlägen muß - je nch Wetterentwicklung - gerechnet werden.

 
 
 
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