Ernte 2014: Weizen - Boom oder Crash?


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 09.04.2014


Schwierige Witterungsbedingungen und schwindende globale Lagerbestände halten die Weizenpreise auf hohem Niveau. In den letzten Wochen ist die Marktunsicherheit angesichts der geopolitischen Probleme in der Schwarzmeerregion gestiegen. Doch inzwischen hat das Wetter die Regie bei der Preisbildung übernommen.

 

Welt: Trotz Anbauausweitung niedrigere Ernteerwartungen
Der Internationale Getreiderat (IGC) hat Ende März seine erste Prognose für das Wirtschaftsjahr 2014/15 bekanntgegeben. Mit einer Getreideernte von 1.949 Mio.t rechnen die Analysten des IGC mit einer um rund 1 % kleineren Welt-Getreideernte als im Vorjahr.

Die globale Weizenernte soll um rund 1,3 % auf 700 Mio.t zurückgehen. Da zugleich mit einem Anstieg des internationalen Verbrauchs auf ebenfalls 700 Mio.t kalkuliert wird, deckt die Produktion knapp den Bedarf.


Auch die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) geht für 2014 noch von einer sehr hohen Welt-Getreideernte aus, darunter allein 704 Mio.t Weizen. Das wären 1,7 % weniger Weizen als 2013. Dennoch würde es sich um die zweithöchste jemals eingefahrene Ernte handeln.

 

 

EU: Hohe Ernteerwartungen
In immer mehr Regionen der EU bereitet ein wachsendes Niederschlagsdefizit Sorgen.

Doch noch wird für die EU, die Nummer 1 unter den Produzenten, eine hohe Ernte erwartet, obwohl die Ernteerwartungen für Bulgarien, Deutschland, Frankreich und Rumänien niedriger liegen..

Die EU-Kommission rechnet für die EU-28 mit 135,4 Mio.t Weichweizen. Die Erwartungen liegen rund 1 Mio.t über dem Vorjahresergebnis, so daß die EU-Landwirte - unter normalen Anbaubedingungen - die zweitgrößte Weizenmenge ernten könnten. Auch der Internationale Getreiderat (IGC) prognostiziert eine um 1,8 % höhere Ernte. Das französische Analystenhaus Tallage erwartet mit 137,7 Mio.t Weizen eine um 2,0 % höhere Ernte als im Vorjahr. Dagegen geht der europäische Getreidehandelsverband Coceral davon aus, daß mit 135,9 Mio.t rund 0,4 Mio.t Weizen weniger geerntet werden als im Vorjahr.

Doch möglicherweise müssen diese sehr frühen Ernteschätzungen noch nach unten korrigiert werden. Denn nicht nur in Deutschland, sondern in weiten Regionen der EU ist es viel zu trocken.


Seit Jahresbeginn hat sich das Niederschlagsdefizit immer weiter vergrößert. Viele Pflanzenbestände sind zwar weiter als in Normaljahren entwickelt, aber nicht sehr üppig. Die geringe Bodenfeuchte begrenzt die Nährstoffverfügbarkeit, fördert im Gegenzug jedoch das Wurzelwachstum.

 

 

 

USA: Witterungsprobleme
Seit Monaten ist es in wichtigen Anbaugebieten der USA noch immer viel zu trocken. Auch in den letzten Tagen sind die vorhergesagten Niederschläge in den "Südlichen Ebenen" geringer ausgefallen als erwartet. Die geringen Niederschlagsmengen brachten nur begrenzte Entspannungssignale.

Die neueste Landkarte der US-Dürregebiete, die am Mittwoch letzter Woche veröffentlicht wurde, kamen die Schneefälle und der Regen zu spät. Die Karte visualisiert, daß sich die Trockenheit in den südlichen und mittleren gebieten der "Ebenen" verschärft hat und die Trockenheit inzwischen auch Teile des "Mittleren Westens" erreicht hat. Doch noch ist die Trockenheit in den nördlichen Anbaugebieten nicht so dramatisch wie ein Jahr zuvor.


Nach den letzten Daten des US-amerikanischen Forschungsprojektes NDMC hat sich in den südlichen Anbauregionen - wo die Vegetation bereits begonnen hat - die Dürre verschärft.

Doch auch in anderen Anbaugebieten blieben häufige und rapide Witterungs- und Temperaturwechsel nicht ohne Auswirkung auf die Wintergetreidebestände. Seit Wochen hat sich die Bonitierung der Feldbestände verschlechtert. In der Woche bis zum 06.04.2014 wurden in Texas nur noch 13 % der Weizenbestände mit "gut" bzw. "sehr gut" bonitiert. In Oklahoma rutsche der Anteil auf 15 % ab. In Kansas, das inzwischen ebenfalls zu 99 % unter einem Niederschlagsdefizit leidet, fiel der Anteil auf 29 %.


Nachdem zur Ernte 2014 mit einer kleineren US-Weizenfläche gerechnet wird, könnte die problematische Witterung die Ertragserwartungen weiter schmälern. Zur Ernte 2014 wird mit einem Rückgang der US-Weizen-Anbaufläche um nicht ganz 1 % auf 22,6 Mio. Hektar gerechnet. Während der Winterweizenanbau mit 17 Mio. Hektar um 2,5 % kleiner ausfällt, planen die US-Farmer bei Sommerweizen eine Ausdehnung des Anbaus um 3,6 % auf 4,9 Mio. Hektar.

 

 

 

Prognose
Sowohl die Marktunsicherheit wie auch die Weizenpreise sind in den letzten Wochen gestiegen. Nicht nur politischen Unruhen in der Schwarzmeerregion haben den latenten Preisdruck ausgehebelt und die Risikoprämien steigen lassen.

Auch die Witterungsrisiken rund um den Globus haben den Preistrend an den Börsen und Kassamärkten nach oben gedreht.

Aktuell sprechen die globalen Ernteerwartungen bei Getreide bzw. Weizen noch für einen anhaltenden Preisdruck in der Vermarktungssaison 2014/15.
Künftig könnte der Marktfaktor "Wetter" allerdings für neue Hausse-Signale sorgen. Sollten die ungünstigen Witterungsbedingungen anhalten, ist noch meiner persönlichen Einschätzung mit
• Abwärtskorrekturen bei den Ernteerwartungen und
• Aufwärtskorrekturen bei den Preisen
zu rechnen. Die Regenprognosen für die USA und Europa sind derzeit nicht sonderlich ermutigend, zumal zeitgleich die Temperaturen steigen. Bei anhaltendem Niederschlagsdefizit dürfte den Kursanstiegen an den Börsen auch der Kassamarkt mit größeren Risikoprämien folgen. Denn sowohl die globalen wie auch die europäischen Lagervorräte werden am Ende des Wirtschaftsjahres 2013/14 wohl unter denen des Vorjahres liegen.

Nicht auszuschließen ist, daß zu den bisher erkennbaren Risikofaktoren noch weitere Probleme auf der Südhalbkugel hinzukommen könnten. Denn auch in Australien wird es wenige Wochen vor der Aussaat immer trockener. Die Hitze ist zwar etwas abgeklungen, doch im Westen und Süden fehlt noch immer der Regen. Abzuwarten bleibt, ob bis zur Aussaat doch noch ergiebige Niederschläge für eine ausreichende Bodenfeuchte sorgen.

Fazit: Nach meiner Einschätzung wird die Witterung der nächsten zwei Wochen in den wichtigen Anbau- und Exportländern über den weiteren Preisverlauf im Jahr 2014 entscheiden.

 
 
 
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