Weizen: Volle US-Lagerhäuser verstärken den Preisdruck


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 07.11.2014


Einerseits hat der erneute Verkauf französischen Weizens an Ägypten die positive Stimmung am europäischen Exportmarkt gestärkt. Andererseits hat Regen in den trockenen "südlichen Ebenen" der USA die transatlantischen Weizenbörsen wieder in die roten Zahlen gebracht.

 

Marktlage
Auch in diesem Jahr ist das Exportgeschäft das große Zugpferd am EU-Weizenmarkt. EU-Weizen wird am Weltmarkt derzeit sogar preisgünstiger angeboten als konkurrierende Angebote aus der Schwarzmeerregion. Mit umgerechnet 196 Euro/t FOB zuzüglich Frachtkosten von 9-12 Euro/t kann sogar fränzösischer Weizen mit den Angeboten aus Rußland und der Ukraine wieder mithalten.

So kommen jetzt auch wieder französische Exporteure zum Zuge. Russischer Exportweizen hat sich zwischenzeitlich auf 206 Euro/t FOB verteuert, nachdem der Kursabsturz des russischen Rubels das Preisniveau in Rußland nach oben getrieben hat. Die Inflationsrate in Rußland lag zuletzt bei 7,6 %.

Inzwischen greift beispielsweise Ägypten nicht nur bei EU-Ware aus Rumänien, sondern auch aus Frankreich zu. Inzwischen wird französischer Weizen im Export wieder wettbewerbsfähiger. Daher profitiert der Weizenmarkt inzwischen wieder stärker vom flotten EU-Export. - vor allem im Einzugsgebiet von Binnen- und Seehäfen-Standorten.

In dieser Woche hat die EU-Kommission erneut EU-Exportlizenzen für 0,5 Mio.t Weizen erteilt. Damit summieren sich die EU-Weizenexporte seit Beginn des Wirtschaftsjahres auf 10,3 Mio.t. Im Vergleich zum umsatzstarken Vorjahreszeitraum wurden bisher sogar 9,4 % mehr Weizen exportiert.


Doch trotz guter EU-Exportzahlen hat sich die Stimmung am Weizenmarkt wieder etwas eingetrübt.

Der Grund ist der Regen in den "Südlichen Ebenen" der USA, der in den letzten Tagen gefallen ist. Seit Monaten war es in den wichtigen Anbaugebieten von Texas im US-Süden bis nach Kansas zu trocken. Die US-Winterweizen-Saaten hatten daher einen sehr schlechten Start. Anfang November wurde die Bonitierung der Feldbestände zwar etwas besser eingeschätzt. Dennoch wurden in der Woche bis zum 02.11.2014 in Texas nur noch 51 % der Weizenbestände mit "gut" bzw. "sehr gut" bonitiert. In Oklahoma rutsche der Anteil auf 49 % ab. In Kansas steig der Anteil auf 64 %.


Obwohl die Niederschlagsmengen nicht besonders üppig ausfielen, sorgten sie dennoch an den Märkten erneut für Baisse-Signale.
Denn nach der Riesenernte in den USA sind die Lagerhäuser voll und allmählich wird für die noch laufende Mais- und Sojaernte der freie Lagerraum knapp. Erste Lagerhäuser verweigern inzwischen die Annahme weiterer Erntemengen.

So geriet gestern auch an der Warenterminbörse in Paris der Mahlweizen-Schlußkurs erneut unter die Marke von 166 Euro/t für die November-Fälligkeit gefallen.

Doch trotz der Baisse-Stimmung an den Börsen können die Backweizenpreise am Kassamarkt in Deutschland ihr Niveau noch weitgehend behaupten. Der Preisabstand zwischen Back- und Futterqualitäten hat sich inzwischen wieder auf 5 bis 10 Euro/t je nach Parität und Dringlichkeit des Bedarfs verringert. Qualitätsweizen erzielt eine zusätzliche Prämie von rund 10-15 Euro/t.

 

 

Prognose
Sowohl die Marktunsicherheit wie auch die Weizenpreise sind in den letzten Wochen gestiegen. Nicht nur bessere Exportchancen haben in der EU den latenten Preisdruck ausgehebelt und die Prämien steigen lassen. Auch die Ernte- und Anbaurisiken in Australien, Osteuropa und den USA haben den Preistrend an den Börsen und Kassamärkten zeitweilig leicht nach oben gedreht.

Derzeit sprechen die globalen Rekord-Erntemengen 2014/15 bei Getreide bzw. Weizen noch nicht für eine bevorstehende Preis-Rallye. Allerdings dürfte sich die Trendwende nach oben in der laufenden Vermarktungssaison - ausgehend von den Exporthafenstandorten - nach meiner persönlichen Einschätzung weiter fortsetzen.

Aktuell sollte das Aufwärtspotential nicht überbewertet werden: Denn in Deutschland war die Bereitschaft zur Einlagerung während der letzten Ernte sehr hoch. In den letzten Wochen gelang es Handel und Verarbeitern zwar mit Prämien, verstärkt freie Ware aus den Lägern zu locken. Auch das nahende Jahresende mit einer Vielzahl offener Rechnungen fördert inzwischen die Verkaufsbereitschaft. Dennoch muß aber nach wie vor noch mit einem aufkommenden Angebotsdruck und möglicherweise auch Verkaufswellen gerechnet werden.

Künftig allerdings könnte der Marktfaktor "Wetter" für neue Hausse-Signale sorgen. Sollten sich
• die Witterungsbedingungen in Australien bzw. den USA verschlechtern bzw.
• die Ernteerwartungen in Osteuropa durch eine geringere Anbauintensität infolge
  der Abwertung des russischen Rubels reduzieren,
ist noch meiner persönlichen Einschätzung mit Abwärtskorrekturen bei den Ernteerwartungen 2015/16 und folglich mit Aufwärtskorrekturen bei den Preisen zu rechnen.

Fazit: Nach meiner Einschätzung wird die Winter-Witterung auf der Nordhalbkugel über den weiteren Preisverlauf im Jahr 2015 entscheiden.

 
 
 
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