Gerste: Rückblick in die Zukunft
Dipl.-Ing. agr. S. Linker  linker@kassel.hlrl.de Stand: 30.05.2000

In wenigen Wochen beginnt die Gerstenernte. Höchste Zeit, sich mit den Rahmenbedingungen für diesen Markt auseinanderzusetzen:

Weltweit ist die Erzeugung von Gerste seit 1990 (177,7 Mio. t) rückläufig und lag zur Ernte 1999 bei 130,1 Mio. t. An der weltweiten Gerstenproduktion des letzten Jahres war die EU-15 mit rund 49 Mio. t bzw. fast 38 % beteiligt.

 

Die Produktion von Kanada und den USA macht mit zusammen 19,3 Mio. t nur rund 15 % aus. Die Zahlen verdeutlichen die überragende Position, die die EU weltweit als Produzent und Exporteur von Gerste einnimmt. EU-Gerste konkurriert am Weltmarkt vor allem mit kanadischen und australischen Angeboten.

Innerhalb der EU ist Deutschland der mit Abstand führende Gerstenerzeuger, gefolgt von Frankreich, Spanien, Vereinigtem Königreich und Dänemark. Im Wirtschaftsjahr 1999/00 lief der Export von Gerste höchst zufriedenstellend. Bei rückläufigem weltweiten Angebot konnte sich EU-Gerste so gut plazieren, so daß statt der befürchteten Endbestände sich inzwischen hinreichend geräumte Lager abzeichnen. So brachte die gute Absatzsituation in Drittländer den EU-Erzeugern unerwartet gute Preise.

In den letzten HEMIS-Berichten wurde die Empfehlung gegeben, die Getreidegeschäfte bis zum Juni zum Abschluss zu bringen. Warum? Eine Analyse der HEMIS-Verkaufspreise seit 1996 sowie weiterer Daten der EU- und internationalen Märkte liefert Fakten für die Verkaufsplanung:

  • In den Monaten April und Mai konnten sich die Verkaufspreise bei Futtergerste in den letzten Jahren jeweils verbessern, gaben dann jedoch spätestens ab Mitte Juni um rund 1 DM/dt noch im Juni und um 3-5 DM/dt bis zur neuen Ernte nach. Fazit: Verkäufe alter Ernte sollten spätestens in der ersten Junihälfte unter Dach und Fach sein. Terminverkäufe für neue Ware sollten Ende März/Anfang April abgeschlossen werden.


  • Das durch die Ernte ausgelöste Preistal ist erst Ende Sept./Anfang Okt. durchlaufen. Die Kurse nähern sich dann bis auf 1-2 DM/dt wieder an die Preise vor der Ernte an. Fazit: Verkäufe sollten bis Ende Sept. hinausgezögert werden. Die Lagerkosten sind auf den für diesen Zeitpunkt kalkulierten höheren Preis anzurechnen.

  • Verkäufe im November/Anfang Dezember erbringen zumeist keine Mehrerlöse, die die höheren Lagerkosten rechtfertigen. Fazit: Für die meisten Jahre kristallisieren sich zwei Verkaufstermine als die günstigsten heraus:
    1) April/Mai,
    2) Ende September/Anfang Oktober.

  • Zur Ernte 2000 werden Preiseinbußen aufgrund der Interventionspreises-Kürzung erwartet. Noch bewegen sich Termingeschäfte für 2000er Ware auf Vorjahresniveau. Die tatsächliche Preisgestaltung hängt von den weiteren Ernteaussichten in der EU, der Nachfrage am Weltmarkt und der internationalen Preisentwicklung ab.

  • Z.Z. läuft der Export jedoch so gut, das die EU-Kommission die Erstattungen beim Export auf 0 DM festgesetzt hat. Auch der Export neuerntiger Ware rechnet sich ohne Erstattungen. Nach den letzten Schätzungen wird Gerste jedoch mit einer prognostizierten grösseren Futtergetreideernte konkurrieren. Fazit: Entweder auf Nummer sicher gehen und die 2000er Ernte jetzt auf Termin verkaufen oder auf weiterhin gute Exportaussichten setzen. Vorsicht: Kursverluste bei anderem Getreide werden sich auch auf die Gerstenpreise auswirken.

Übersicht

 

Seitenanfang