Gern würden Landwirtschaft und Verbraucher Klarheit im Nitrofenskandal
gewinnen. Doch die Meldungen überschlagen sich und sind teilweise
auch widersprüchlich. Heute tagte der Lebensmittelausschuß
der EU. Beschlossen wurde, wegen des Nitrofen-Skandals keine Sanktionen
gegen Deutschland auszusprechen, da die deutschen Maßnahmen derzeit
als zufriedenstellend angesehen werden. Damit wurde ein drohendes
europaweites Vermarktungsverbot für deutsche Bioprodukte abgewandt.
Der Sachstand:
- 31.05.2002: Bund und Länder richten Arbeitsgruppen zum Nitrofen-Skandal
ein. In Sachsen-Anhalt wird Nitrofen in Öko-Eiern gefunden, in
Nordrhein-Westfalen wird das Gift in Futtermitteln und in Fleisch
nachgewiesen. Gegen GS-Agri wird ein Auslieferungsstopp verhängt.
- 01.06.2002: In Malchin in Mecklenburg-Vorpommern wird eine Lagerhalle,
in der zu DDR-Zeiten Pflanzenschutzmittel - darunter Nitrofen
- aufbewahrt wurde, als Quelle der Verunreinigung identifiziert:
- 04.06.2002: Es wird bekannt, dass ein niedersächsischer Großbetrieb
93 Abnehmer in Deutschland und drei Nachbarstaaten mit verseuchtem
Fleisch belieferte. Auch in Baden-Württemberg werden belastete
Eier entdeckt.
Die Ökoverbände planen die Gründung eines Dachverbandes. Bis Ende
Juni solle ein "Bund der Ökologischen Lebensmittelwirtschaft"
ins Leben gerufen werden. Erst vor einem Jahr waren die Öko-Verbände
"Bioland" und "Demeter" aus der "Arbeitsgemeinschaft Ökologischer
Landbau" (AGÖL) ausgetreten.
- 05.06.2002: Die Landwirtschaftliche Rentenbank bietet ab sofort
ein Liquiditätshilfeprogramm
für in Schwierigkeiten geratene ökologisch wirtschaftende
Betriebe an.
- 07.06.2002: Bundesweit sind 73 landwirtschaftliche Betriebe
mit 90 Betriebsstätten gesperrt. Produkte wie Geflügel, Schweinefleisch
und Eier werden zurückverfolgt und aus dem Verkehr gezogen.
- 08.06.2002: Belgien beschließt als erstes EU-Land Importbeschränkungen
für deutsche Agrarprodukte und Lebensmittel. Die rechtliche Grundlage
für diese Entscheidung ist unklar. Vom 10.06.2002 an verlangt
Belgien Unbedenklichkeitszertifikate von den Herstellern.
- 09.06.2002: Die deutschen Behörden haben der EU einen Eilbericht
zum Stand der Ermittlungen im Nitrofen-Skandal vorgelegt.
Als Konsequenz aus dem Nitrofen-Skandal strebt die EU-Kommission
einen einheitlichen Kontrollplan für den Lebensmittelvertrieb
an. Dabei gehe es um die Kontrolle der Wege von der Quelle bis
zum Verbraucher.
- 10.06.2002: Nach letzten Erkenntnissen wurde das Getreide in
dem ehemaligen DDR-Pestizid-Lager in Malchin in Mecklenburg-Vorpommern
über den stark belasteten Hallenboden verseucht. Untersuchungen
haben ergeben, daß pro Kilogramm Staub bis zu 77,9 Gramm Nitrofen
in den Proben enthalten waren. In einer vorausgegangenen Analyse
hatte sich eine Belastung von 2.000 Milligramm - also zwei Gramm
- pro Kilo ergeben. Für Lebensmittel gilt ein Grenzwert von 0,01
g pro kg Frischgewicht. Die Bundesregierung und die Behörden gehen
davon aus, daß die Halle in Malchin die einzige Quelle der Verseuchung
ist. Seit Anmietung der Halle durch die Norddeutsche Saat- und
Pflanzgut AG (NSP) im Sommer 2001 sollen in Malchin 650 Tonnen
Futter- und Speisegetreide gelagert worden sein. Davon waren 130
Tonnen Brotgetreide.
- 11.06.2002: Inzwischen werden immer mehr nitrofenbelastete Produkte
entdeckt. In Schleswig-Holstein wurde Schweinefleisch vom Markt
genommen. In Niedersachsen müssen 50.000 Hühner getötet werden.
In Rheinland-Pfalz gibt es offenbar den ersten Nitrofen-Fall.
Nach Mitteilung des Mainzer Umweltministeriums wurden Nitrofen-Spuren
in einer Bio-Putenleberwurst nachgewiesen.
- 11.06.2002: Der Ständige EU-Lebensmittelausschuß, dem
Experten der 15 Mitgliedstaaten der Gemeinschaft sowie die
EU-Kommission angehören, berät in Brüssel über die Konsequenzen
des Skandals. Beschlossen wird, keine rechtlichen Schritte gegen
Deutschland zu unternehmen, so daß es nicht zu dem befürchteten
europaweiten Vermarktungsverbot für deutsche Bioprodukte kommt.
Weitere Info zum Beispiel unter:
http://www.bgvv.de
http://www.verbraucherministerium.de
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