Eines ist klar: Im Falle des Falles kann es für jeden Produzenten,
d. h. auch für jeden Landwirt "um das letzte Hemd"
gehen. Nach Ph. Crosby ist unter Qualität die "Übereinstimmung mit
den Anforderungen" zu verstehen. Vor dem Hintergrund der aktuellen
Rechtslage, die den Schutz des Verbrauchers an oberster Stelle sieht,
ist jedes Unternehmen in der Lebensmittelkette gezwungen, sich rechtlich
und fachlich hinsichtlich der Einhaltung der Standards abzusichern.
Der Landwirt steht als sogenannter Urproduzent an erster
Stelle in dieser Kette und unterliegt somit ebenfalls nicht nur
den nationalen bzw. EU-Anforderungen (Lebensmittelhygiene, Produkthaftung
usw. ) und den internationalen Anforderungen (Exportware: z. B.
Antikörper nach Impfung, Keimbesatz usw.), sondern auch den Anforderungen
der von ihm belieferten Unternehmen.
Wer nicht bereit ist, die Anforderungen in den eigenen Produktions-
und Managementprozess einzubinden, katapultiert sich mit Volldampf
aus dem Markt. Ein Beispiel: In der jedem bekannten, eingeschweißten
Minisalami, die in jedem Supermarkt und an jeder Tankstelle in Deutschland
angeboten wird, befindet sich nicht 1 Gramm deutsches Schweinefleisch.
Warum? Weil das in Deutschland verfügbare Schweinefleisch nicht
den vom Verarbeiter geforderten Produktvoraussetzungen entspricht.
Wie ernst die Situation zu betrachten ist, wird auch aus den Plänen der EU
deutlich, die im Rahmen der Novellierung der Lebensmittelhygiene-Verordnung
geplant sind. Nach den Vorstellungen der EU-Kommission und des Europaparlamentes
sollen die landwirtschaftlichen Unternehmer stärker als bisher in
die Qualitätssicherungssysteme bei Nahrungsmitteln eingebunden werden.
Noch befindet sich das Novellierungsverfahren im Entwurfsstadium
- abzusehen ist jedoch bereits jetzt, dass auf den Landwirt detaillierte
Aufzeichnungspflichten zum Beispiel über die Bezugsquellen
der Futtermittel, der Tier- und Fleischuntersuchungen der Schlachtunternehmen
oder des Düngemittel- und Pflanzenschutzmitteleinsatzes zukommen.
In diesem Zusammenhang wird auch diskutiert, das HACCP-System
nicht nur für Verarbeitungsbetriebe, sondern auch für die Landwirtschaft
vorzuschreiben.
Wer den gesetzlichen Anforderungen sowie der allgemeinen Sorgfaltspflicht
nicht nachkommt, riskiert zumindest eine Verschuldungshaftung wegen
grober Fahrlässigkeit des Unternehmens. Eines der preisgünstigsten
und zugleich sehr effektive Qualitätsmanagementsystem sind
lückenlose Aufzeichnungen. Sie dienen im Rahmen der rechtichen
Absicherung als Nachweis, dass die Erzeugung auf der Basis der
Guten fachlichen Praxis erfolgte. Beispiel: Wann
wurde welches Futtermittel (Analyse), von welchem Hersteller, über
welchen Lieferanten zugekauft, wo und wie gelagert, in welchem Zeitraum
an welche Tiere verfüttert usw..
Verarbeitungsbetriebe unterliegen bereits jetzt dem HACCP-System,
das die Absicherung der Produktion bis zur Rohware fordert. Sie
haben aus Haftungsgründen heraus ein großes Interesse
daran, dass ihre landwirtschaftlichen Zulieferer ein entsprechendes
Qualitätsmanagement betreiben. Natürlich dürften
die Aktenberge bedrohlich anwachsen - wer jedoch auch morgen noch
produzieren und vor allen Dingen verkaufen will, sollte auch sehen,
dass ein funktionierendes Qualitätsmanagement auch ein Verkaufsargument
sein kann.