Qualitätsmanagement
in der Landwirtschaft

Dipl.-Ing. agr. S. Linker  sabine.linker@llh.hessen.de
Stand: 06.06.2002


Eines ist klar: Im Falle des Falles kann es für jeden Produzenten, d. h. auch für jeden Landwirt "um das letzte Hemd" gehen. Nach Ph. Crosby ist unter Qualität die "Übereinstimmung mit den Anforderungen" zu verstehen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtslage, die den Schutz des Verbrauchers an oberster Stelle sieht, ist jedes Unternehmen in der Lebensmittelkette gezwungen, sich rechtlich und fachlich hinsichtlich der Einhaltung der Standards abzusichern.

Der Landwirt steht als sogenannter Urproduzent an erster Stelle in dieser Kette und unterliegt somit ebenfalls nicht nur den nationalen bzw. EU-Anforderungen (Lebensmittelhygiene, Produkthaftung usw. ) und den internationalen Anforderungen (Exportware: z. B. Antikörper nach Impfung, Keimbesatz usw.), sondern auch den Anforderungen der von ihm belieferten Unternehmen.

Wer nicht bereit ist, die Anforderungen in den eigenen Produktions- und Managementprozess einzubinden, katapultiert sich mit Volldampf aus dem Markt. Ein Beispiel: In der jedem bekannten, eingeschweißten Minisalami, die in jedem Supermarkt und an jeder Tankstelle in Deutschland angeboten wird, befindet sich nicht 1 Gramm deutsches Schweinefleisch. Warum? Weil das in Deutschland verfügbare Schweinefleisch nicht den vom Verarbeiter geforderten Produktvoraussetzungen entspricht.

Wie ernst die Situation zu betrachten ist, wird auch aus den Plänen der EU deutlich, die im Rahmen der Novellierung der Lebensmittelhygiene-Verordnung geplant sind. Nach den Vorstellungen der EU-Kommission und des Europaparlamentes sollen die landwirtschaftlichen Unternehmer stärker als bisher in die Qualitätssicherungssysteme bei Nahrungsmitteln eingebunden werden.

Noch befindet sich das Novellierungsverfahren im Entwurfsstadium - abzusehen ist jedoch bereits jetzt, dass auf den Landwirt detaillierte Aufzeichnungspflichten zum Beispiel über die Bezugsquellen der Futtermittel, der Tier- und Fleischuntersuchungen der Schlachtunternehmen oder des Düngemittel- und Pflanzenschutzmitteleinsatzes zukommen.

In diesem Zusammenhang wird auch diskutiert, das HACCP-System nicht nur für Verarbeitungsbetriebe, sondern auch für die Landwirtschaft vorzuschreiben.

Wer den gesetzlichen Anforderungen sowie der allgemeinen Sorgfaltspflicht nicht nachkommt, riskiert zumindest eine Verschuldungshaftung wegen grober Fahrlässigkeit des Unternehmens. Eines der preisgünstigsten und zugleich sehr effektive Qualitätsmanagementsystem sind lückenlose Aufzeichnungen. Sie dienen im Rahmen der rechtichen Absicherung als Nachweis, dass die Erzeugung auf der Basis der Guten fachlichen Praxis erfolgte. Beispiel: Wann wurde welches Futtermittel (Analyse), von welchem Hersteller, über welchen Lieferanten zugekauft, wo und wie gelagert, in welchem Zeitraum an welche Tiere verfüttert usw..

Verarbeitungsbetriebe unterliegen bereits jetzt dem HACCP-System, das die Absicherung der Produktion bis zur Rohware fordert. Sie haben aus Haftungsgründen heraus ein großes Interesse daran, dass ihre landwirtschaftlichen Zulieferer ein entsprechendes Qualitätsmanagement betreiben. Natürlich dürften die Aktenberge bedrohlich anwachsen - wer jedoch auch morgen noch produzieren und vor allen Dingen verkaufen will, sollte auch sehen, dass ein funktionierendes Qualitätsmanagement auch ein Verkaufsargument sein kann.

 
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