Der Aufschrei beim Überschreiten der magischen Preisschwelle
von 50 US-Dollar je Barrel Röhöl ist längst
verhallt. Jetzt bewegen sich die Kurse an den internationalen
Rohölmärkten unaufhaltsam auf die 70 Dollar-Marke
zu.
Marktlage
Der Ölpreis kletter unaufhaltsam. Die führende Nordseesorte
Brent lag gestern um 55 Cent höher bei 66,56 US-Dollar
je Barrel (rund 159 Liter). In den USA hat sich Öl
weiter auf zeitweise über 67 US-Dollar verteuert.
Der Preis für Rohöl der Organisation Erdöl exportierender
Länder (OPEC) wurde zuletzt mit 59,90 US-Dollar rund
96 Cent über dem Durchschnitt der Vorwoche notiert.
Heute hat der Ölpreis in Asien die
Rekordmarke von 68 Dollar (!) je Barrel geknackt.
Begründet wird der Preisanstieg von Marktteilnehmern
mit Sorgen über Versorgungsengpässe angesichts eines Rückgangs
der US-Treibstoffvorräte. Auch ein Sturm im Golf von Mexiko
in der Nähe von Ölproduktionsanlagen trug zur Besorgnis
bei.
Tendenziell laufen die verschiedenen Rohöl-Sorten
synchron. Der sogenannte Korbpreis (Basket-Preis) der Organization
of Petroleum Exporting Countries (OPEC) lag am 24.08.2005
mit 58,90 US-Dollar/Barrel (umgerechnet 48,24 Euro/100
L) deutlich über dem sogenannten Korbpreis. Zielsetzung
der OPEC ist es, den Korbpreis innerhalb einer Preisspanne
(Grafik: "Preisband") von 22 bis 28 US-$/Barrel
zu halten. Bereits seit Anfang 2004 liegt der OPEC-Preis
dauerhalt über dieser angestrebten Zielvorgabe. Innerhalb
der OPEC gibt es daher Überlegungen, den Korbpreis anzuheben.
Der OPEC-Basket umfaßt sieben Rohöl-Sorten
einzelner Mitgliedsstaaten: Arab Light (Saudi-Arabien),
Sahara Blend (Algerien), Minas (Indonesien), Fateh (Dubai),
Tia Juana Light (Venezuela), Bonny Light (Nigeria) und Isthmus
(Mexiko). Bei Brent Crude Oil (Brent, gehandelt an der IPE)
handelt es sich um Nordseeöl. Obwohl Brent ein deutlich
geringeres Handelsvolumen hat als andere Rohöl-Sorten, gilt
es als weltweit übergeordneter Maßstab am Rohölmarkt. Bei
West Texas Intermediate (WTI, gehandelt an der NYMEX) handelt
es sich um die maßgebliche in den USA geförderte Rohöl-Variante).
Fakten
-
Verbraucher
werden schwer zur Kasse gebeten
Betrachtet man die Preisentwicklung am Endkundenmarkt
im Vergleich zum Kursverlauf an den Warenterminbörsen,
so ist nicht allein der Preisanstieg an sich auffällig.
Deutlich wird auch, daß der Preisanstieg für
die Verbraucher deutlich höher ausfiel als an den
preisbildenden Warenterminmärkten. Damit geht die
Schere zwischen Rohöl- und Diesel-Preis immer weiter
auseinander.
Da viele Verbraucher mit dem Nachtanken in den Hoffung
auf einen Preisrückgang gewartet haben, besteht derzeit
ein hoher Nachholbedarf.
Hausse-Tendenz
US-Vorräte: Plus bei
Rohöl und Heizöl - Minus bei Benzin
Die jüngsten Statistiken für die USA weisen Zuwächse
bei den Lagervorräten von Rohöl (+1,8 Mio.
Barrel) und Heizöl (+1,2 Mio. Barrel) aus. Zugleich
zeigten die Daten einen stärkeren Rückgang der US-Benzinvorräte
(- 3,2 Mio. Barrel) als erwartet. Die Reisefreudigkeit
der Amerikaner in der Ferienzeit hat die Benzin-Bestände
drastisch schrumpfen lassen. Die Vorräte bei Rohöl
und Heizöl sind dagegen deutlich höher als
in den Vorjahren. Unmittelbnar nach der Veröffentlichung
der Zahlen durch das DOE (US-Department of Energy) und
das API (American Petroleum Institute) schnellten die
Notierungen an den internationalen Märkten rasant
nach oben.
Hausse-Tendenz
Prognose
Allgemein geht man davon aus, daß die Ölpreise vorerst
weiter steigen werden. Mit der zuende gehenden Ferienzeit
beginnt üblicherweise die Heizöl-Einlagerungssaison
auf der Nordhalbkugel. Da die Tanks in vielen Haushalten
leer sind, besteht derzeit ein enormer Nachholbedarf seitens
der Verbraucher.
Nach meiner Einschätzung dürften
die Kurse auch in den kommenden Wochen bis in den Herbst
hinein ihre Hausse-Tendenz fortsetzen. Da US-Händler
inzwischen zunehmend als Käufer für Rohöl-Derivate
am Weltmarkt auftreten, besteht hier ein weiterer Hausse-Faktor.
Experten rechnen mit einer Zunahme des Rohölbedarfs
durch China und Indien.
Dennoch ist zu berücksichtigen, daß
das Spekulationspotential an den internationalen Märkten
inzwischen ein extremes Ausmaß angenommen hat. Prognosen
zum Markt sind daher mit erheblichen Risiken behaftet, da
irgendwann der real stattfindende Bestandsaufbau die Spekulationsblase
platzen lassen wird.