Die Wetterkapriolen der letzten Wochen beeinträchtigen
inzwischen die Qualität der Kartoffelbestände.
Kindelbildung und Krankheiten schaden der Lagerfähigkeit.
Für gute Qualitäten verbessern sich damit die
Preischancen.
Marktlage
Am Speisekartoffelmarkt treten die Preise seit dem Preiseinbruch
während der ersten Juni-Wochen auf der Stelle. Nachdem
die Frühkartoffel-Saison bereits mit dem niedrigsten
Preisniveau seit Jahren begonnen hatte, sind auch in den
letzten Tagen kaum Veränderungen beim schwachen Preisniveau
feststellbar. Dies ist umso erstaunlicher, als daß
die Qualität der mittelspäten und späten
Kartoffelbestände derzeit in Abhängigkeit von den regionalen
Witterungsverhältnissen leidet.
Der Großhandel spricht in dieser
Woche von einem knapp ausreichenden Angebot und einer regen
Nachfrage. Die umgesetzten Mengen verharren dennoch auf
einem niedrigen Niveau. Die Qualität der derzeit gerodeten
Speisekartoffeln ist nach einhelliger Meinung noch gut,
die Kalibrierung überwiegend normal. Die komfortable Versorgungslage
hat den Preisen in den letzten Woche keine Chance auf Kurssteigerungen
geboten.
Während die Versorgung mit Speisekartoffeln
aufgrund der Ferienzeit noch ausreichend ist, kann der Bedarf
der Verarbeitungsindustrie nur knapp gedeckt werden. Auf
der Ebene der Packbetriebe blieben die Preise daher in den
letzten Wochen stabil auf niedrigem Niveau, während
Verarbeitungskartoffeln auf das knappe Angebot bereits mit
Preisanstiegen reagierten.
Fakten
-
Qualitätseinbußen
durch Wetterkapriolen
Die Wetterkapriolen der letzten Wochen bringen das Wachstum
der Kartoffeln total durcheinander. Viele noch voll
im Kraut stehende Bestände fangen wieder an zu blühen
oder treiben neu aus. Dieser Neuaustrieb des Krautes
ist ein sicheres Zeichen für einen Neuaustrieb der Knollen.
Bei der Rodung von solchen Stauden ist an den Knollen
ein deutlicher Neuaustrieb mit Neukeimbildung zu erkennen.
Sind diese Knollen noch fest mit den
Stolonen verbunden und ist das Kraut noch grün, erfolgt
die Ernährung der neuen Knolle direkt über den Gefäßbündelring
der alten Knolle, was die Qualitätsminderung verringert.
Haben sich jedoch die Knollen bereits gelöst, so ernährt
sich die jetzt neu bildende Knolle aus der in diesem
Jahr gewachsenen Knolle, die dann die Mutterknollenfunktion
übernimmt und glasig wird. Eine Vermarktung ist dann
nicht mehr möglich.
Bei einigen Sorten wie Granola oder
auch Princess wird verstärkt Kindelbildung festgestellt.
Auch hier ist eine Beeinträchtigung der Qualität möglich.
Die Kartoffelbestände sollten auf diese Erscheinungen
hin überprüft werden, um weitere Qualitätseinbußen
u.U. noch begrenzen zu können.
Auch Erwinia (Naßfäule) spielt in diesem Jahr
eine größere Rolle. Die feuchten Bodenbedingungen
lassen die Befallsgefahr sprunghaft ansteigen. Eine
Bestandsbeurteilung kann Auskunft über die Befallsintensität
geben und eine Entscheidung über die Dauereinlagerung
erleichtern.
Die Warenterminmärkte für
Speise- und Verarbeitungskartoffeln nehmen die Erwartung
schlechterer Qualitäten und einer geringeren Lagerfühigkeit
bereits vorweg. In den letzten Wochen konnten sich die
Notierungen kontinuierlich für alle kommenden Fälligkeitstermine
verbessern.
Hausse-Tendenz
- Niedrigere Ernte in der EU
Proberodungen in den Kartoffel-Anbauregionen der EU weisen
niedrigere Ertäge und geringere Anteile an Übergrößen
aus als in der letzten Saison. In den Niederlanden rechnen
Experten mit einem Ertragsminus von 10 bis 30 %.
-
Kartoffelposse:
Linda vor Gericht
Noch immer ist die rechtliche Auseinandersetzung um
die beliebte Kartoffelsorte Linda nicht abgeschlossen.
Der "Fall Linda" läuft vor Gericht weiter.
Hintergrund: Der Sorteninhaber Europlant Pflanzenzucht
GmbH, Lüneburg hat die Zulassung für Linda beim
Bundessortenamt zurückgegzogen, um die neue Sorte Belana
auf dem Markt durchzusetzen. Auf Antrag des daraufhin
gegründeten "Linda-Freundeskreises" räumte
das Bundessortenamt für Linda eine Frist bis 2007 ein.
Die Bauern sollten ihr gekauftes Saatgut noch aufbrauchen
können. Europlant zeigte sich verärgert und verklagte
das Bundessortenamt auf Schadenersatz in Millionenhöhe
vor dem Verwaltungsgericht Hannover.
Nachdem drei Kartoffelbauern in diesem Jahr Linda auf
ihren Feldern angebaut hatten, verklagte das Unternehmen
die Landwirte vor dem Schiedsgericht der Landwirtschaftskammer
Hannover. Das Gericht erklärte es als vertragswidrig,
daß ein Vermehrer Pflanzgut aus Vertragsvermehrung
für eigene Zwecke verwendet. Inzwischen ist die
Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft beim
Oberschiedsgericht für Saatgut und Sortenstreitigkeiten
in Berufung gegangen. Die Entscheidung steht noch aus.
Prognose
Derzeit ändert die feuchte Witterung die Voraussetzungen
für die weitere Preisentwicklung. Auf den Markt dürfte
- auch mit Blick auf die weiteren niederschlagsreichen
Wetterprognosen - eine Wende zukommen.
Die Erwartung einer hohen, qualitativ guten
Kartoffelernte muß vermutlich deutlich korrigiert
werde. Die Enrte dürfte kleiner ausfallen als zunächst
erwartet. Zudem dürfte der Anteil mangelhafter Kartoffelpartien
aus heutiger Sicht stark zunehmen. Das bedeutet, daß
das erwartete "Über"-Angebot schnell zu einem
"Unter"-Bedarf an qualitativ hochwertigen Speisepartien
mutieren könnte. Gute Aussichten für anziehende
Preise!
Da auch in den nächsten Wochen nur mit
einem knappen Angebot gerechnet wird, dürften die Preise
nach meiner Einschätzung bereits in der kommenden Woche
anziehen.